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28.11.2024
Tennis

Zwischen Tennisprofi und Familienvater

Hinter Tim Pütz liegt eine mehr als erfolgreiche Tennissaison. Im Interview spricht der Frankfurter über den Sieg bei den ATP Finals, die Unterstützung seiner Familie und über seine Liebe zur Eintracht.

Turin, 17. November 2024. Im Endspiel der ATP Finals steht der Frankfurter Tim Pütz zusammen mit seinem Doppelpartner Kevin Krawietz
den Weltranglistenersten Marcelo Arevalo (El Salvador) und Mate Pavic (Kroatien) gegenüber. Es entwickelt sich ein spannendes Match, beide Teams geben sich nicht viel. Nach einer Stunde und 37 Minuten fällt dann die Entscheidung: Pavic setzt einen Überkopfball im Tiebreak ins Aus, Tim Pütz und Kevin Krawietz sinken von ihren Emotionen überwältigt auf dem Hartplatz zu Boden. Die beiden haben soeben die prestigeträchtigen ATP Finals für sich entschieden – ein Erfolg, der zuvor noch keiner deutschen Paarung gelungen ist. Es war die Belohnung für eine hervorragende Tennissaison 2024. Im Interview spricht der Frankfurter über sein erfolgreiches Jahr:

Du warst in diesem Jahr ziemlich viel unterwegs und hast ziemlich viel erlebt. Kannst du dich da auf ein Highlight festlegen?
Es war erst einmal ein Jahr voller Highlights. Ein Höhepunkt waren die Olympischen Spiele, die hatte ich schon seit vielen Jahren im Kalender rot markiert. Wir haben zwar leider keine Medaille geholt, aber es war natürlich trotzdem ein Highlight. Dann war natürlich der WM-Sieg am Ende des Jahres etwas ganz Besonderes. Wenn ich mich auf ein Highlight festlegen müsste, dann wäre es wahrscheinlich das.

Wie viele Turniere hast du denn in diesem Jahr gespielt?
Das weiß ich auswendig nicht ganz genau, da müsste ich nochmal nachzählen. Ich würde schätzen, dass es 18 ATP-Turniere waren. Hinzu kommen noch Spiele im Davis-Cup und die Bundesligaspiele. Es waren aber nicht so unheimlich viele Turniere, weil ich hinten raus leider verletzt war. Aber gerade den Davis Cup und zusätzlich Olympia muss man da reinzählen, was keine ganz normalen Turniere sind. Insgesamt war ich viel weg, mehr als genug.

Du warst also mehr unterwegs als zu Hause?
Ja, das auf jeden Fall. Die Turniere dauern häufig auch länger als eine Woche an. Indian Wells, Miami, Madrid und Rom sind schon mal vier lange Wettbewerbe, plus die vier Grand Slams sind dann schon acht Turniere, die über zwei Wochen gehen. Ich war also sehr viel mehr weg als zu Hause.

Alle helfen, damit ich Tennis spielen kann. Es geht nur mit sehr, sehr viel Hilfe von zu Hause.

Tim Pütz

Du hast auch eine Familie und bist Vater. Wie bekommt man das unter einen Hut, wenn man so viel unterwegs ist?
Nur mit sehr, sehr viel Hilfe von zu Hause. Ich habe eine Frau, die das alles mitmacht - nicht nur mitmacht, sondern die die Maschine irgendwie am Laufen hält. Dazu haben wir Schwiegereltern und Eltern zu Hause, die das alles ein bisschen mittragen. Wenn es sein muss, hilft mir auch mein Bruder bei jeder Gelegenheit. Alle helfen, damit ich Tennis spielen kann. Also ja, es geht nur mit sehr, sehr viel Hilfe von zu Hause. Es ist natürlich aber auch viel Stress für alle Beteiligten. Wir wissen aber alle, warum ich es mache, und, dass ich das nicht ewig machen kann. Je älter die Kinder werden, desto schwieriger wird es, desto mehr haben wir auch die Schnauze voll von der ganzen Sache.

Ist die Familie dann auch mal bei den Spielen mit dabei?
Ja, sie kommen immer mal wieder mit. Immer, wenn ich auf langen Trips bin, versuchen wir es so hinzukriegen, dass wir nicht so ewig voneinander getrennt sind. Es gibt aber auch die ein oder andere Reise, bei der sich das nicht vermeiden lässt. Da ist zum Beispiel die Australien-Reise im Januar, da kann ich jetzt nicht nur anderthalb Wochen hingehen. Wenn es dann solche Reisen sind, die sehr lange sind, kommen sie da tendenziell mit. Wenn ich jetzt aber für eine Woche in Paris bin, und bin vorher und danach wieder zu Hause, würden sie eher nicht mitkommen. Seitdem wir zwei Kinder haben, sind sie zudem auch merklich weniger dabei als vorher mit nur einem Kind, aber das ist wahrscheinlich normal. Es ist schön, wenn wir zusammen sind, aber es ist auch oft schwierig.

Dann kommen wir jetzt zu deinem jüngsten Erfolg, den Sieg bei den ATP Finals in Turin. Kam das für dich und deinen Partner Kevin Krawietz überraschend oder habt ihr es die ganze Zeit schon gespürt und ein gutes Gefühl gehabt?
Wir haben am Anfang schnell gemerkt, dass das in Turin ganz gut funktioniert und wir gut spielen. Im Grunde haben wir schon vor dem ersten Match gespürt, dass die Bedingungen hier für uns ganz gut sind und wir uns wohlfühlen. Wir waren außerdem sehr entspannt, weil wir uns ja als letztes Team qualifiziert hatten und ich mir nur drei Wochen vorher einen Muskelfaserriss in der Wade geholt hatte. Wir wussten überhaupt nicht, ob ich überhaupt spielen kann. Das hat irgendwie zu der nötigen Entspanntheit geführt. Dann haben wir von Anfang an sehr, sehr gut gespielt und uns war bewusst, dass es im Doppel sehr schnell in alle Richtungen gehen kann. Uns war deshalb klar, dass wir – wenn wir gut spielen – auch gute Chancen haben.

Was macht euch beide als Team aus?
Ich glaube, dass wir insgesamt recht komplett sind. Wir haben keine richtige Schwachstelle. Wir spielen beide ein bisschen anders: Kevin geht viel mehr ans Netz, ich spiele dafür viel lieber von hinten. Aber im Großen und Ganzen haben wir nicht wirklich eine Riesenschwäche. Kevin kann trotzdem auch von hinten spielen, war auch ein ordentlicher Einzelspieler, und ich kann trotzdem auch vorne am Netz spielen. Wenn wir gut spielen, sind wir ein sehr starkes Team.

Habt ihr euch schon Ziele für das nächste Jahr gesetzt?
Nein, ich nicht. Ich weiß nicht, was Kevin sich als Ziel gesetzt hat, aber in allererster Linie wollen wir immer das Bestmögliche herausholen. Was immer dann dabei herauskommt, damit werde ich glücklich sein. Klar wäre es aber auch gelogen, wenn man sagt, man wolle bei den großen Turnieren nur dabei sein, das stimmt nicht. Man will die Turniere, die man spielt, immer gewinnen. Und wir haben gezeigt, dass wir auch die größten Turniere gewinnen können. Dieses Jahr waren wir im Finale von den US Open, letztes Jahr in Wimbledon im Halbfinale.

Dass die Eintracht mein Verein ist, wird sich in diesem Leben nicht mehr ändern. Ich bin hier verwurzelt und gehöre hier hin.

Tim Pütz

Du trainierst ja nach wie vor häufig am Riederwald. Woher kommt deine Verbindung zur Eintracht?
Die Eintracht war immer mein Verein. Ich bin als 17-Jähriger zur Eintracht gekommen und habe zu der Zeit sehr viel Tennis gespielt. Ich habe hier meinen ganzen Freundeskreis kennengelernt und beispielsweise Silvester mit ihnen gefeiert. Meine Freunde von der Eintracht waren im Grunde mein ganzes Umfeld. Wir waren damals eine coole Gruppe, es sind Freunde, die ich bis heute habe. Obwohl ich dann irgendwann im Sommer keine Spiele mehr für die Eintracht absolviert habe, weil ich in der Bundesliga spielen wollte, war die Eintracht immer mein Verein, da waren immer meine Freunde, hier waren meine Trainer, ich habe trotzdem hier trainiert. Ich wurde immer mit offenen Armen empfangen, es ist mein Heimatverein.

Willst du irgendwann auch wieder für die Eintracht auf dem Platz stehen?
Dass die Eintracht mein Verein ist, wird sich in diesem Leben nicht mehr ändern. Ich bin hier verwurzelt und gehöre hier hin. Inwiefern ich dann irgendwann nach meiner aktiven Karriere noch Ligaspiele machen werde, das weiß ich noch nicht. Aber ich sage mal, wenn Tennis irgendwann mal wieder ein ambitioniertes Hobby für mich ist – sei es mit meinen Kindern oder wie auch immer – dann wird das mit Sicherheit bei der Eintracht und für die Eintracht sein.